Möbel mit Charakter – Atelier de Bois: Bettina Löhr-Hentz baut auf traditionelle Handarbeit Aug01


Möbel mit Charakter – Atelier de Bois: Bettina Löhr-Hentz baut auf traditionelle Handarbeit

Die französische Sprache ist angenehm melodisch. Sie weckt Urlaubserinnerungen an duftende Lavendelfelder und Akkordeonmusik. Auch der Name „Atelier de Bois“ klingt äußerst charmant. Gründerin Bettina Löhr-Hentz lebte mit ihrer Familie elf Jahre in Lothringen. 2011 verlegte die gebürtige Tauberfränkin ihr Atelier nach Reinsbronn bei Creglingen. 

Die Kunsthandwerkerin verarbeitet Holz auf traditionelle Art und verleiht ihm ein schlichtes Design. Im Atelier de Bois (auf Deutsch: Holzwerkstatt) entstehen massive Möbel mit Charakter. Sie heißen „PorTable“ oder „Ohrenbank“. Dahinter steckt jeweils eine ausgeklügelte Konstruktion.

Es wäre zu einfach, Bettina Löhr-Hentz nur mit Holz in Verbindung zu bringen. Die 51-Jährige versteht sich auch bestens auf andere Materialien wie Buchseiten, Leder oder Schafwolle, mit denen sie kleine Kunstwerke zaubert. 

Ein Tor aus Büchern

Im Juli stellte sie als Teil der Künstlervereinigung „Artgenossen“ im Rothenburger Rathausgewölbe aus. Viele Besucher ließen sich mit ihrem Tor aus Büchern fotografieren. Bettina Löhr-Hentz‘ Hauptwerkstoff ist jedoch Holz.

Schon als Kind trug sie lieber Schraubenzieher statt Puppen mit sich herum. Ihr Vorbild ist der Vater, ein gelernter Zimmermann, studierter Architekt und Berufsschullehrer. Im Tauberbischofsheimer Elternhaus war es üblich, handwerkliche Arbeiten selbst zu erledigen. Nach dem Abitur entschied sich Bettina Löhr-Hentz für eine Tischlerausbildung. Über mehrere Stationen gelangte die Mutter zweier Töchter ins saarländische St. Ingbert. Dort gründete sie „Die kleine Bilderrahmenwerkstatt“ als Vorläuferin des Atelier de Bois. Inspiriert hatte sie ein Rahmen ihres Vaters, mit dem Konterfei des David von Michelangelo.

Der passende Rahmen

Das leicht schimmernde Birkenholz passte hervorragend zum sonnenbeschienenen Marmor. Sie entwickelte die Idee, Holzart und Rahmenstärke individuell an Bildinhalte anzupassen.

Brandzeichen: Zeigt ein Möbelstück dieses Logo, stammt es von Bettina Löhr-Hentz. Foto: sab

Dafür arbeitete sie mit verschiedenen Fotografen und Künstlern zusammen. Aktfotos auf Polaroid, Hochzeitsbilder und Kalligraphie setzte sie mit ihren selbstgebauten Rahmen in Szene. Dazu kamen hübsche Kästchen, in denen ein Hochzeitsfotograf seine fertigen Bilder an Kunden überreichte. „Das waren die ersten Minimöbel“, sagt Bettina Löhr-Hentz.

In einem ihrer Workshops bauen die Teilnehmer praktische Kästchen.

Nach dem Umzug in ein Bauernhaus im französischen Willerwald hatte sie endlich mehr Platz für handwerkliches Equipment und meldete das Atelier de Bois als Kleinunternehmen an. Im Saarland und in Lothringen verkaufte sie auf Handwerkermärkten verschiedene Objekte, zum Beispiel Schmuck und Deko-Artikel.

Die Wende zu größeren Möbeln kam 2004, als sie das Angebot erhielt, auf der Messe „Ambiente“ in Frankfurt auszustellen. Um sich und ihre Werke ansprechend zu präsentieren, plante sie den Bau eines Tisches. Das war die Geburtsstunde des „PorTable“ aus Waldkirsche und Eiche.

Den Aufbau am Stand musste sie alleine stemmen, da ihr Mann bei den Kindern blieb. Das Massivholzmöbelstück ist deshalb zerlegbar in acht Teile und lässt sich bequem transportieren. „Der Tisch ist in fünf Minuten aufgebaut“, sagt sie. 

Ganz ohne Metall

Keilzapfenverbindungen verleihen ihm Stabilität – keine einzige metallene Schraube ist nötig. „Ich finde, er ist mir gut gelungen“, resümiert Bettina Löhr-Hentz. „Es steckt alles drin, was mir wichtig ist: Traditionelle Handarbeit und nüchternes Design.“ Die Machart ihrer Möbel macht sie gern sichtbar, zum Beispiel durch offene Zinken. Das ist eines ihrer Markenzeichen. Als Echtheitszertifikat drückt sie ein Brandzeichen ins Holz: ein stilisiertes Blatt, so gedreht, dass es wie ein Baum aussieht.

Nachdem die Töchter erwachsen und aus dem Haus waren, folgte Bettina Löhr-Hentz ihrer Sehnsucht nach der tauberfränkischen Heimat. Sie zog mit ihrem Mann nach Reinsbronn auf ein ehemaliges bäuerliches Anwesen. Das kalksteingemauerte Haus nennen sie liebevoll „Taubenschlag“.  Beide fühlen sich sehr wohl. „Hier habe ich einen wunderbaren Platz für Arbeit und Leben gefunden“, schreibt sie auf ihrer Homepage.

Kurse für Kreative 

Das Dachgeschoss bauten sie zu zwei Ferienwohnungen aus. Einen Teil der Möbel dafür hat die gelernte Tischlerin selbstgebaut. Die Betten haben eine sogenannte Waldkante, wie auch der PorTable: Die Form des Baumes ist noch erkennbar, da nur die Rinde entfernt wird.  

Die Betten in ihren Ferienwohnungen hat Bettina Löhr-Hentz selbst gebaut. Am Fußende ist die sogenannte Waldkante zu sehen. Fotos: sab

Im Atelier de Bois bietet Bettina Löhr-Hentz außerdem Workshops an. Einer davon ist speziell für Frauen. Die Idee dazu entstand im Rahmen eines Kultur- und Kunstvereins, den sie in Frankreich mitgründete. Beim Holzkurs können die Teilnehmerinnen verschiedene Handmaschinen ausprobieren, ein Kästchen oder eine Sitzbank bauen. Sie brauchen dafür keinerlei Vorkenntnisse.

Bettina Löhr-Hentz arbeitet viel mit den Händen. Beruflich wie privat mag sie das Einfache, Natürliche. „Einen Urlaub auf den Malediven brauche ich nicht“, sagt die Kunsthandwerkerin. Stattdessen genießt sie es, in ihrer Reinsbronner Weinlaube selbstgebackenen bretonischen Pflaumenkuchen zu essen und sich mit ihren Feriengästen zu unterhalten, die aus aller Herren Länder anreisen. Bettina Löhr-Hentz beherrscht die Kunst zu leben. „Savoir-vivre“, heißt das in französischer Sprache.
sab