„Mir fährt a Depp voraus“ – Mundart-Kabarettist Kurt Klawitter packt den Hohenloher Alltag in Lieder Nov14


„Mir fährt a Depp voraus“ – Mundart-Kabarettist Kurt Klawitter packt den Hohenloher Alltag in Lieder

Es eilt gehörig, der anstehende Termin ist nur noch knapp zu schaffen. Ausgerechnet jetzt scheint im vorausfahrenden Auto eine Schnecke am Steuer zu sitzen. Kurt Klawitter kann ein Lied davon singen – im wahrsten Sinne des Wortes. „Mir fährt a Depp voraus, i glab i wachs noch aus, hol den Depp doch mol wer aus dem Auto raus“, hohenlohert der Mundart-Kabarettist ins Mikrofon und streicht rhythmisch über die Saiten seiner Akustikgitarre. Die Zuhörer fühlen mit, schmunzeln, lachen. Wen der eingängige Refrain gepackt hat, den lässt er nicht mehr los. Im Hohenloher Straßenverkehr wird Klawitters Ohrwurm sicher des Öfteren zitiert.
Der Liedermacher stammt aus einem Blaufeldener Teilort mit 1 047 Einwohnern: „Wiesenbach – vorne mit ,Weh‘ und hinten mit ,ach‘“, grinst der 57-jährige Malermeister spitzbübisch. Ist hohenlohische Liedkunst gefragt, dann ist Kurt Klawitter meist nicht weit. Sei’s auf der Muswiese, beim Mundartfestival in Gammesfeld oder auf dem Eberbacher Gassenfest.

Hintergründige Texte
Die Liedtexte des Mundart-Kabarettisten haben alltägliche Inhalte, die Menschen können sich damit identifizieren. „Hintergründig, ironisch, manchmal sarkastisch“, beschreibt sie der Musiker. Auf der Bühne mimt er keine Figur, sondern ist ganz er selbst.
Sein Weg als Künstler begann im elterlichen Hühnerstall. Klawitters Mutter zog eines eiskalten Wintertages den alten Gockel grün, blau und bretthart aus dem Hühnerhaufen hervor. Für Sohn Kurt war der Fall klar: Der ist hinüber! Bass erstaunt war er, als die Mutter ankündigte: „Den tauen wir wieder auf.“

Ein Wunder-Gockel
Sie legte den Hahn in einen Korb neben dem Holzofen. Das Wunder geschah: Zwei Tage später stolzierte der gefiederte Geselle wieder herum. „Darüber musste ich einfach ein Lied schreiben“, sagt Klawitter. Der „Geigêr Paule“ war sein Debüt. Musik machte er aber schon vorher: im Posaunenchor mit einer uralten Tuba, später in Dixieland- und Jazz-Bands. Zu seinem Instrumenten-Repertoire zählen Akkordeon, Gitarre, Kontrabass und Klavier. Sein Soloprogramm startete er als „Kurt Klawitter – der Hohenloher“. Erster Auftritt war 2003 im Rot am Seer Bürgerhaus, als die Gemeinde ihre Kleinkunst-Bühne reaktivierte. „Der Saal platzte fast aus allen Nähten“, erinnert sich Rathaus-Mitarbeiterin und Organisatorin Beate Meinikheim.

Der Liedermacher ist solo unterwegs oder mit seiner Band: den Mouschdpiloten. Foto: Hartmut Volk

Der Liedermacher ist solo unterwegs oder mit seiner Band: den Mouschdpiloten. Foto: Hartmut Volk


Kurt Klawitters Markenzeichen auf der Bühne ist die grüne „Saischdoolkapp“, traditionell bekannt als Kopfbedeckung von oftmals älteren Schweinebauern. In einem seiner Texte behauptet er: „Wer des schäne blonde Hohenloher Madla will howa, der muss a schäne gräne, seidene Saischdoolkapp uf howe.“
Zum Geigêr Paule sind inzwischen etwa 70 Lieder hinzugekommen. Die Melodien schreibt der Musiker größtenteils selbst, gelegentlich covert er welche. So machte er aus „Hello again“ von Howard Carpendale den Titel „Hallo Eugen“.
Kurt Klawitter ist nicht nur solo unterwegs, sondern seit 2014 zusätzlich im Trio oder Quartett. Seine Band nennt sich „Mouschd-
piloten“, gilt Most doch als Hohenloher Nationalgetränk.
Die Inspiration für seine Texte schöpft Kurt Klawitter aus Gesprächen, Situationen und Geschichten. Ein Song entstand auf den Langenburger Gartentagen. „Dort laufen die Männer hinter ihrer Frau her, mit Tüten und rostigem Klump“, beschreibt er seinen Eindruck. Deshalb heißt es nun im Refrain: „Langenburger Gartentage werden für Männer schnell zur Plage, mir braucha halt keine Schaafwolldecke, mir braucha Bier und eine Fernsehecke.“ Die Beziehung zwischen Mann und Frau nimmt der zweifache Vater gerne aufs Korn.
Manche Hohenloher ahnen gar nicht, dass Klawitter sie in sein Programm eingebaut hat. So etwa ein Pärchen, das regelmäßig seinen Dackel ausführt oder eine Hohenloher Hausfrau, die sich beim Wunschkonzert im Radio ein Lied von „Hawerd Kappendalle“ wünschte.
Die besten Einfälle kommen Kurt Klawitter beim Autofahren. Früher sprach er sie auf ein Diktafon, heute nutzt er das Handy.

Rektor im Publikum
Gefragt ist der Liedermacher mit seinen Auftritten selbst im schwäbischen Stuttgart und im fränkischen Ansbach. Voraussetzung ist, dass die Leute den Dialekt verstehen. Denn wichtiger als musikalische Perfektion ist Kurt Klawitter der Humor in seinen Texten.
Schon in der Schule war er der Klassenclown. Diese Rolle holte ihn eines Tages auf der Bühne wieder ein. Bei einem Auftritt sang er „Ein Lehrer fühlt sich oft mal leer und wünschte, dass er voller wär.“ Da stand in der hinteren Reihe ein Mann auf. „Es war mein ehemaliger Rektor“, erzählt der Mundart-Kabarettist. „Er beglückwünschte mich, dass aus mir doch noch etwas geworden ist und lud mich ein, auf seinem Geburtstag zu spielen.“

Traum eines Künstlers
Besonders beflügelt ihn der Applaus, die lachenden und glücklichen Gesichter. Sein größtes Publikum bestand aus 1 500 Leuten. Das war beim Hohenlohe-Gipfel auf dem Eberbacher Gassenfest. „Je größer der Haufen, desto mehr Lampenfieber“, verrät er.
Hat er noch Ziele? In seinem Haus würde er gerne eine Art Kleinkunst-Bühne etablieren. „Das ist ein Traum von mir.“ Da er viel herumgekommen ist, kennt er echte Koryphäen aus der Künstlerszene, die er gerne einladen würde. Sicher tritt er dann auch selbst auf, mit seiner „schäne gräne Sai-
schdoolkapp“. sab