Lebenswert Sep01


Lebenswert

Den ländlichen Raum gestalten

Hinter engagierten Regionen stehen engagierte Ortsgemeinschaften, die durch das Förderprogramm „Integrierte Ländliche Entwicklung“ (ILE) finanzielle und organisatorische Unterstützung für den Erhalt und die Gestaltung des ländlichen Raumes erfahren.

Zwei kommunale Gemeinschaften arbeiten seit 2016 gemeinsam daran, die Infrastruktur zu verbessern, leerstehende Gebäude mit neuen Wohn- oder Wirtschaftsräumen zu füllen, den Tourismus in der wunderschönen Landschaft stark zu machen und den Lebensraum „Land“ wieder attraktiver zu gestalten.

Colmberg, Buch am Wald, Geslau und Windelsbach arbeiten schon seit 1994 in der Kommunalen Allianz „Obere Altmühl“ zusammen. Mit der Kommunalen Allianz „Rothenburger Land“ vergrößerte sich die „ILE-Region“ – so die amtliche Bezeichnung – um die Stadt Rothenburg sowie die Gemeinden Adelshofen, Gebsattel, Insingen, Neusitz, Ohrenbach und Steinsfeld.

Damit umfasst die „ILE-Region“ elf Kommunen mit insgesamt knapp 24 000 Einwohnern. Bei der Konzeption und Umsetzung können sich die Kommunalen Allianzen für eine sogenannte Umsetzungsbegleitung im Hinblick auf Planung und Förderung entscheiden. Die Planung betrifft einen Zeitraum von sieben Jahren. Hannes Bürckmann und Linda Kemmler von der Integrierten Ländlichen Entwicklung sind die persönlichen Beauftragten, die mit 20 Stunden monatlich an der Projektplanung und Ausführung mit einem „Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzept“ (ILEK) unterstützend zur Seite stehen. Die Kosten für die Erstellung eines ILE-Konzepts wird zu 65 Prozent gefördert. Pro Jahr stehen den ILE-Regionen 100 000 Euro zur Verfügung, die sich aus Mitteln des Bundes, des Freistaates Bayern und der Kommunen der jeweiligen ILE-Regionen zusammensetzen.

Eine der ersten Sitzungen in der ILE-Region „Rothenburger Land“ im Mai 2014.

Eine der ersten Sitzungen in der ILE-Region „Rothenburger Land“ im Mai 2014. Foto: Privat

Im Jahr 2016 kamen die Kommunen, Institutionen, Vereine, Interessengruppen und die Bürger der Kommunalen Allianz „Rothenburger Land“ zusammen. „Bei der Planung neuer Projekte und der Prüfung vorhandener Gebäude- und Flächenpotenziale für Wohn- und Gewerbezwecke sowie Einrichtungen der Grundversorgung, liegt das Potenzial darin, voneinander zu lernen und die geplanten Ziele gemeinsam umzusetzen“, so Hannes Brückmann bei einem Interview. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei dabei ein wichtiger Faktor, der über den Erfolg eines ILEK entscheidet, so der ILE-Begleiter weiter. Die langjährigen Erfahrungen des kommunalen Zusammenschlusses mit der Allianz „Obere Altmühl“ ist ein wertvoller Ratgeber für die Realisierung gemeinsamer Ziele.

Vorbild der Vergangenheit
Ein Beispiel für gelungene Dorfgestaltung zeigte sich 2018 in dem Neusitzer Ortsteil Schweinsdorf, der vom Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken (ALE) den Staatspreis für Land- und Dorfentwicklung in der Kategorie „Flächensparen durch Innenentwicklung“ bekam. Dabei wurde ein alter Gasthof genutzt, um Sozialwohnungen zu bauen. Es wurden innerörtliche Bauplätze frei gemacht und junge Familien zum Umbau denkmalgeschützter Häuser motiviert, um Baulücken zu schließen.

Ein besonderer Vorteil des Gemeinde-Verbundes, ist die sogenannte „Machbarkeitsstudie“, die analysiert, ob und in wieweit sich das geplante Projekt finanziell umsetzen lässt, wie es sich bei der Planung des Neusitzer Dorfladens als sehr hilfreich gezeigt hat.

Generationsübergreifende Projekte
Nicht nur die gemeinsame Umsetzung der Maßnahmen führt zu einem gemeinschaftlicheren Gemeindeleben, auch die regionalen Unternehmen profitieren von der Ausführung.

Acht neue Projekte in der Allianz „Rothenburger Land“ sollen in diesem Jahr umgesetzt werden. Von Spielplätzen, einem Bewegungsparcours am Sport- und Freizeitgelände für Eltern, Senioren und Kinder, bis zu einem neuen Boden für eine Bäckerei, die für die Grundversorgung der Gemeinde sorgt, stehen auf der Projektliste.

Toilettenwagen für Veranstaltungen und die Professionalisierung der Marketingstrategie einer Hof-Manufaktur, die alte Kulturpflanzen anbaut und mit den eigenen Produkten die Rothenburger Gastronomie beliefert, sind weitere gemeindefördernde Maßnahmen.

ILE–Förderprogramme

ILE-Zusammenschlüsse müssen über ein vom Amt für Ländliche Entwicklung (ILE) anerkanntes Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept (ILEK) verfügen. Pro Jahr stehen den ILE-Regionen 100  000 Euro zur Verfügung, die sich aus Mitteln des Bundes, des Freistaates Bayern und der Kommunen der jeweiligen ILE-Regionen zusammensetzen. Erstmals seit Beginn des Jahres 2020 können über das neue Förderungsangebot „Regionalbudget“ auch Kleinprojekte (privater oder wirtschaftlicher Art) bis zu 10 000 Euro jährlich, gefördert ­werden. Meist handelt es sich um Betriebe, die zur Grundversorgung des Ortes beitragen. Weitere Informationen rund um die Förderungen und Voraussetzungen stehen unter: www.stmelf.bayern.de/agrarpolitik/foerderung/ 004010/.

Nach 42 Jahren geben Helmut und Dorothea Baum ihr Gasthaus „Zum Löwen“ in Oberscheckenbach aus den Händen. Seit längerer Zeit sucht die Gemeinde Ohrenbach nach einem geeigneten Ort für die Freiwillige Feuerwehr und für einen Jugend- und Gemeindetreff.

Das Gasthaus und das umliegende Gelände bietet Platz für Gemeindetreffen aber auch für das neue Feuerwehrauto. In Gebsattel sollen Tret-Traktoren und Zubehör wie Schilder und Absperrmaterial angeschafft werden, die bei Dorffesten und Veranstaltungen als Angebot für Kinder zum Einsatz kommen sollen. Unter dem Motto: „Drei in Einem“ steht die Anschaffung eines Pavillons als Hofladen mit Selbstbedienungsangebot auf einem Hof in Endsee an der B 470 auf dem Plan.

Der Eigenanteil der Antragsteller beläuft sich auf mindestens 20 Prozent der Nettosumme der Gesamtkosten. Insgesamt ergibt sich aus den Regionalbudget Projekten eine Gesamtinvestition von rund 125 000 Euro in die Region.

Neu in diesem Jahr
Seit Beginn des Jahres 2020 stellt die „Integrierte Ländliche Entwicklung“ die Förderung von Kleinprojekten bis zu 10 000 Euro durch das neue Programm „Regionalbudget“ bereit. Unterstützung bekommen Kleinstunternehmen zur Deckung des regelmäßigen Bedarfs wie Bäckereien, Dorfläden, Praxen für medizinische Versorgung und Gasthöfe, die zur Verbesserung der Grundversorgung in der Kommune beitragen.

Die Bäckerei Braun in Gebsattel bekommt über das „Regionalbudget“ einen neuen Boden. Der Traditionsbetrieb beliefert aktuell 60 Kunden im Umkreis von 20 Kilometern.

Da es um die Wiederbelebung und die Attraktivität von Ortskernen im ländlichen Raum geht, sind Firmen und Privatgebäude in Gewerbegebieten von der Förderung ausgenommen.

Über die neuen Projekte wird auf der Homepage unter www.rothenburg.de berichtet. Ein Newsletter informiert regelmäßig über Aktuelles.
ul