Immer ein Eisen im Feuer Okt01


Immer ein Eisen im Feuer

Lorenz Romeis gibt Kurse für traditionelle Schmiedekunst

Lorenz Romeis hat sich seinen Traum von einem Altensitz mit Lehrwerkstatt für Schmiedekunst erfüllt. Foto: ul

Lorenz Romeis hat sich seinen Traum von einem Altensitz mit Lehrwerkstatt für Schmiedekunst erfüllt. Foto: ul

Wie ein Gutshof wirkt das Anwesen der Laurentius-Schmiede von Lorenz Romeis in Altmannshausen bei Markt Bibart.

Zwei Häuser, ein neues Eigenheim und eine Schmiedewerkstatt, die mit einem Quergebäude verbunden sind, beherbergen in ihrer Mitte einen romantischen Hof mit einem schmiedeeisernen Brunnen. Vom Eingangstorbogen aus fällt er sofort ins Blickfeld des Besuchers.

Der gesamte Innenhof wirkt wie eine Galerie von schmiedeeisernen Kunstwerken aus Feuerschalen, Rosenbögen und Gartensteckern. Selbst die Türgriffe des Wohnhauses und der beiden Gästeappartements bestehen aus Amboss, Zange und Hammermotiven. Hier lebt und agiert Lorenz Romeis mit seiner Frau und sorgt für den Erhalt des 3 000 Jahre alten Schmiedehandwerks.

Schon seit 1860 haben seine Väter und Urgroßväter immer ein Eisen im Feuer. Mein Vater hat noch bis zu seinem 88. Lebensjahr die Esse geschürt und auf dem Amboss gearbeitet. Er hat noch bis zu 140 Pferde täglich beschlagen, hat Gummiwägen (Anhänger mit Luftbereifung) für die Landwirtschaft gebaut und sämtliches Werkzeug für das Handwerk, für die Bauern und den täglichen Gebrauch geschmiedet. Bis in die 70er-Jahre, als der beginnende Bauboom vermehrt nach Balkonen, Treppen oder Geländern verlangte.

„Jede der sechs Generationen meiner Familie musste sich immer den neuen fachspezifischen Herausforderungen stellen“, sagt Lorenz Romeis. Mit Erfolg, denn die eigentliche Einkommensquelle des Traditionsunternehmens ist die Metallbaufirma Romeis & Sohn, dessen Geschäftsführung einer seiner beiden Söhne übernommen hat. Der älteste Sohn ist Betriebswirt und kümmert sich um einen aussagekräftigen Internetauftritt und die einzige Tochter bringt als hauptberufliche Event-Managerin ausgefallene Ideen in die Firma. „Den Namen und das Logo der Laurentius-Schmiede haben wir im Familienverband entschieden. Steht doch der heilige Laurentius als Schutzpatron für alle Berufe, die mit Feuer zu tun haben“, erzählt der Schmied aus Leidenschaft.

Neue Wege für den Lebensabend

An Kreativität fehlt es der Familie nicht. Immer nur Essen, Trinken und Party war Vater Lorenz zu Silvester 2000 einfach zu langweilig. „Lasst uns ein Silvester-Schmieden veranstalten“, war seine Idee. Dazu lud die Familie Romeis Freunde ein, die begeistert waren, eine Art Bleigießen-XXL von Hufeisen und Kleeblättern zur Jahreswende erlebt zu haben. Auf dieses Erlebnis hin gab es mehr von diesen Veranstaltungen.

„Die Schmiede-Events haben mich während des Baus meines Altensitzes im Jahr 2014 auf die Idee gebracht, nebenan eine Schmiede mit Lehrwerkstatt einzurichten, damit ich arbeiten kann, bis der Hammer fällt“, sagt der 68-Jährige. Die Erfahrung, dass dieses uralte Handwerk den Gemeinschaftssinn stärkt, regte den Schmiedemeister der alten Schule letztendlich dazu an, Kurse zu geben.

„Ich habe schon immer Freude im Umgang mit Menschen verspürt und kam auf den Gedanken, Firmenevents zu veranstalten“, erzählt er. An Stelle eines Ausfluges mit gemeinsamem Essen könne man doch auch ein Gemeinschaftsprojekt schmieden und dabei die gute Hausmannskost seiner Frau genießen. Das schlug ein wie eine Bombe. „Im Moment betreue ich eine orthopädische Praxis, die sich einen Baum mit den beiden Arbeitsfeldern (Ästen) Orthopädie und Logopädie als schmiedeeisernes Wandbild entschieden haben“, erklärt der leidenschaftliche Handwerker.

Jeder der Beteiligten merkt beim Schmieden was er kann und erlebt den Anderen, wie er in Stresssituationen reagiert, wenn es einmal nicht so läuft. Hier steht Romeis den Menschen wie ein Vater zur Seite. Danach erfahren die Mitarbeiter ein besseres Miteinander als im Berufsalltag. „Das ist das Beste, was wir je gemacht haben“, ist ein häufiger Kommentar der Teilnehmer. „Teamarbeit ist eben das Mittel der Wahl, um Mitarbeiter an einen Tisch zu bringen“, weiß Romeis. Gemeinschaft kann auch nur aus einem angehenden Ehepaar oder einer kleinen Familie bestehen. Oft kommen Brautleute und schmieden gemeinsam Eheringe aus Damaszenerstahl. Das ist ein Mehrschichtstahl, der besondere Muster im geschmiedeten Objekt zulässt. Besonders guter Damaszenerstahl steckt in gebrauchten Autofedern oder Motorradketten, die Lorenz Romeis aus KFZ-Werkstätten gerne entgegennimmt. Manchmal sind es aber auch Paare, die ihre Beziehung wieder aufleben lassen wollen. Dabei schmiedet sie eine Blumenampel und er eine Bratpfanne für jede Feuerstelle.

Was ihm während seiner achtjährigen Praxis als Lehrmeister besonders ins Auge fiel, war die tiefe Endspanntheit und besondere Kreativität der Frauen beim Schmieden. „Häufig gibt es Berührungsängste, sich in der handwerklichen Männerdomäne zu blamieren“, so seine Erfahrung. Aber bei ihm habe sich noch niemand bloßgestellt gefühlt. Es gibt mittlerweile sogar eine Schmiede-Biennale in Kolbermoor, bei der viele Frauen teilnehmen. In Nürnberg wird auch eine „Ladies-Night“ für Schmiedinnen veranstaltet. „Also traut Euch“, ermutigt Romeis die Damen von heute und bemängelt dabei, dass es immer noch zu wenige seien.

Die schmiedeeiserne Rundbogentür ist der Eingang zur Lehrschmiede auf 120 Quadratmetern. Foto: ul

Die schmiedeeiserne Rundbogentür ist der Eingang zur Lehrschmiede auf 120 Quadratmetern. Foto: ul


Aber auch Weiterbildungskurs für Hobbyschmiede, Berufspraktikanten oder auch Förder- und Regelschulkurse werden in der Laurentius-Schmiede angeboten. Eine Möglichkeit die eigene Kreativität und den Gemeinschaftssinn zu stärken. Den Zielgruppen sind bei Lorenz Romeis keine Grenzen gesetzt. Worte wie: „Hier werden Künstler geboren“, hat kürzlich ein Teilnehmer kommentiert, der von seiner Frau einen Gutschein für einen Schmiedekurs bekommen hatte.

Auf Messers Schneide

Einen eigenen Raum zur Vollendung geschmiedeter Messerklingen hat Lorenz Romeis über der Lehrwerkstatt eingerichtet. Hier liegen verschieden Harthölzer, meist von Obstbäumen oder Eiche, aber auch Geweih-Material für Horngriffe. „Ein Teilnehmer kam zu einem Messerschmiedekurs und wollte ein Schwert herstellen“, erzählt Romeis. Dafür bedarf es wohl etwas mehr Übung, wie sich herausstellte. Auch das ist ein Anliegen des Schmiedekünstlers; den Menschen zu zeigen, wie viel Zeit und Übung solch besondere Objekte benötigen.

Aber wie läuft so ein Kurs ab? Nach dem Schüren der Esse mit Spezialkohle wird im Schnupperkurs ein Gartenstecker mit einer Schnecke als Verzierung geschmiedet. Dazu wird zum Beispiel eine alte Autofeder bei 1280° C ins Feuer gehalten, bis der Stahl glüht. Auf dem Amboss wird der Stab mit dem Hammer geformt. Das geschieht im Wechsel so lange, bis das Produkt seine endgültige Form hat. Ist das Übungsstück fertig, kann sich jeder aus einem dicken Musterordner aussuchen, was er am Ende des Tages in der Hand halten will. Das können Untersetzer, Kaminwerkzeuge, Rankhilfen, Türklopfer oder Grillbesteck sein.

Spezialaufträge wie schmiedeeiserne Grabkreuze oder einen Äskulap-Stab für eine Arztpraxis fertigt der kreative Schmied natürlich auf Anfrage selber an. Beziehungen und Gemeinschaft stärken, die eigene Kreativität entdecken oder sich einfach einen schmiedeeisernen Wunsch erfüllen, all das bietet die Laurentius-Schmiede in Altmannshausen. Für potenzielle Kunstschmiede sind alle Informationen unter: www.laurentius-schmiede.de zu finden. ul