Geben und Nehmen Jun01


Geben und Nehmen

Barbara Mohl lebt für Indien

Die Sehnsucht nach der indischen Kultur und der gelassenen Lebensart der Menschen ist der Rothenburgerin Barbara Mohl durch eine Schulfreundin ins Herz gelegt worden. Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist sie in Erlangen. „Nichts war meiner Freundin Indra wichtiger, als mir ihr Heimatland zu zeigen“, erinnert sich Barbara Mohl heute noch.

Die beiden machten sich nach ihrem Schulabschluss für sieben Monate auf in das südostasiatische Land. Die Art der Menschen, die mit ihrer Sanftmut so viel zu geben vermochten, beeindruckte die junge Frau sehr. Es war eine selbstverständliche Nächstenliebe, die sich die Inder entgegenbrachten.

Mitte der 70er-Jahre zog es Barbara Mohl mit einer Gruppe Gleichgesinnter auf der Suche nach dem Sinn des Lebens erneut nach Indien. Hugo Maier, ein deutscher Arzt, engagierte sich zu diesem Zeitpunkt für die Ärmsten der Armen. Er leistete damals medizinische Hilfe und setzte sich für die Ausbildung der Menschen ein.

Barbara Mohl sortiert Bestellungen für den Weltladen in ihrem Wohnzimmer. Foto: ul

Barbara Mohl sortiert Bestellungen für den Weltladen in ihrem Wohnzimmer. Foto: ul

Das war noch bevor Barbara Mohl nach einem Studium für Deutsch als Fremdsprache am damaligen Goetheinstitut in Rothenburg unterrichtete und ihren Mann Wolfgang Mohl kennen gelernt hatte.

Durch den „Freundeskreis Indien e. V.“, der aus den Hilfsaktionen des deutschen Arztes entstanden war, fanden seit 1986 mehr als 300 Frauen in Südindien eine Ausbildung und Arbeit im traditionellen Kunsthandwerk, unabhängig von Religionszugehörigkeit und sozialer Kaste.

Traditionell wird von südindischen Frauen erwartet, dass sie bereits in jungen Jahren die Last der Familie tragen. Soziale Faktoren hindern die meisten Frauen daran, überhaupt eine Berufsausbildung in Betracht zu ziehen.

Ihr Mangel an Grundbildung, die Auswirkungen des Mitgiftsystems und die Anforderungen des Familienlebens beschränken ihre Möglichkeiten häufig auf schlecht bezahlte, harte körperliche Arbeit und ein sehr schwieriges Leben.

Zugehörigkeit zum Fairen Handel
Durch die Unterstützung des Arbeitskreises werden ihnen schulische Bildung wie auch Berufsausbildungen und finanzielle Sicherheit zuteil. In acht Dörfern wurden Dorfzentren errichtet, die den Frauen die Produktion von Kunsthandwerk vor Ort ermöglichen.

Bei der Schaffung von Arbeitsplätzen wurde besonders auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen Wert gelegt, wie geregelte Arbeitszeit, fairer Lohn, freundliche Umgebung und medizinische Versorgung.

Der Einstieg in die World Fair Trade (Fairer Handel) Organisation nahm seinen Lauf. Im Frühjahr 2001 schlossen sich die einzelnen Frauenkooperativen der Dörfer zur „Shanthimalai Handicrafts Development Society“ zusammen, um den Schritt in die wirtschaftliche Unabhängigkeit zu wagen. Im Jahr 2019 wurde die „Shanthimalai Handicrafts Society“ umbenannt in „Premalaya Handicrafts Trust“, die nach wie vor Mitglied des „Fair Trade Forums India“ ist und somit auch Mitglied der World Fair Trade Organisation.

Seit 1987 war Barbara Mohl immer wieder vor Ort, um den Frauen im Kunsthandwerk zu helfen. „Mit der Zeit traf ich in „Premalaya Handicrafts Trust“ viele Helferinnen aus dem deutschen Trochtelfingen, Walburg und anderen Orten. Im Jahr 2002 gründete Barbara Mohl, gemeinsam mit ihren neu gewonnenen Freundinnen den Arbeitskreis Südindien e. V. in Deutschland mit dem Ziel, das südindische Kunsthandwerksprojekt bei der Vermarktung ihrer Produkte hauptsächlich an Eine-Welt-Läden in Deutschland zu unterstützen. „Seither treffen wir uns zweimal im Jahr in Deutschland, im Frühjahr und im Herbst, um neue Produktideen zu sammeln und haben dabei eine so wertvolle Gemeinschaft, die auch ohne den Verein bestehen bleiben würde“, freut sich die ehemalige Deutschlehrerin.

Das Team des Arbeitskreises Südindien e.V. mit Sitz in Rothenburg ist älter als der Verein. Foto: privat

Das Team des Arbeitskreises Südindien e.V. mit Sitz in Rothenburg ist älter als der Verein. Foto: privat

Um den deutschen Ansprüchen gerecht zu werden, hat das Team des Arbeitskreises Südindien e.V. für Qualitätsrichtlinien der indischen Kunsthandwerksprodukte gesorgt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Seit einigen Jahren werden in Indien vor allem auch Witwen und Frauen in Not angestellt, die sonst nur schwer Arbeit und Unterstützung finden können. Seit 2016 existiert eine Beratungsstelle für Frauen im „Premalaya Handicrafts Trust“. „Wir haben so viel Freundlichkeit, Liebe und Lebensweisheit von unseren indischen Freunden erfahren, dass wir ihnen etwas zurückgeben wollten“, erzählt heute Barbara Mohl. Für sie kommt das Bedürfnis zu helfen aus der liebenswerten und gelassenen Art der Inder, die ihr in den vielen Jahren entgegengebracht wurde. „Es ist eben ein Geben und Nehmen“, erzählt sie weiter.

Durch das unerschütterliche Gottvertrauen der Inder und dem Leben im Hier und Jetzt, ist ihnen eine Existenz unter widrigsten Umständen überhaupt erst möglich. Das ist der eigentliche Reichtum der Menschen in Indien. Für sie ist es wichtiger das Fest „Kund Mehla“ zu feiern (wie es im Mai mit tausenden von Pilgern gemeinsam am Ganges geschehen ist) als die Gefahr an Corona zu sterben.

Unterstützung in Coronazeiten
„Wir haben vor einiger Zeit in den Werkstätten von „Premalaya Handicrafts Trust“ einen kleinen Laden eröffnet, der aufgrund der hochwertigen Produkte auch vor Ort großen Absatz findet“, erzählt Barbara Mohl.

Jetzt in der Coronakrise kommen kaum Pilger oder Touristen. Auch durch die fehlenden Märkte rund um Rothenburg, wie die Stadtmosphäre, das Künstlererwachen in Finsterlohr oder dem Weihnachtsmarkt, auf denen der Arbeitskreis Südindien e. V. vertreten ist, fehlen die Aufträge für die Fair Trade Produkte in Indien. Einzig über Online-Bestellungen könnte der Absatz der Produkte gesichert werden. Barbara Mohl ist heute sehr dankbar für die bisherige Unterstützung der Stadt Rothenburg, des Weltladens und vielen Freunden und Kollegen, die den Vertrieb der Kunstwaren des „Premalaya Handicrafts Trust“ maßgeblich unterstützen. „Vielleicht gibt es Firmen oder Vereine rund um Rothenburg, die T-Shirts oder Accessoirs bestellen möchten. Interessierte finden auf der Internetseite des Arbeitskreises Südindien unter: ak-suedindien.de alle nötigen Informationen rund um das Produktangebot, Spendenmöglichkeit und Arbeitsweise der Frauen in Indien. ul