Filigrane Holzkunst Okt01


Filigrane Holzkunst

Während der langen Coronazeit hatte Franz Gubo aus Detwang viel Zeit für seine geliebten Intarsienarbeiten. Foto: ul

Während der langen Coronazeit hatte Franz Gubo aus Detwang viel Zeit für seine geliebten Intarsienarbeiten. Foto: ul

Franz Gubo verliert sich in der „zeitlosen“ Herstellung von Intarsienbildern

So langsam gerät sie in Vergessenheit, die diffizile Holzeinlegekunst, die vermutlich im Orient ihren Ursprung fand.

In der Antike, Renaissance, in der Barockzeit oder in der Moderne – aus keiner Epoche waren die aufwendige Intarsienarbeiten wegzudenken. Heute findet man die Ornamentkunst auf barocken Möbelstücken, Schmuckkästchen oder als filigrane Zierde auf hölzernen Tischoberflächen. Wie aber kommt diese aufwendige Kunst der Verzierung nach Detwang bei Rothenburg?

„Ich habe einmal bei einem Freund gekellnert und bin dabei auf ein Intarsienbild mit dem Motiv des Rothenburger Rathausportals, das im Gastraum hing, gestoßen“, erinnert sich Franz Gubo. Das Erbstück des befreundeten Gastwirts ließ den Hobbybastler nicht mehr los. Gubo durfte es sich in den 1996er Jahren ausleihen, um es als Erstlingswerk nachzubilden. Das gelungene Exponat schenkte er seiner zukünftigen Ehefrau zum halbjährigen Freundschaftstag.

Bis heute ist eine ganze Galerie aus 50 Kunstobjekten entstanden, die allesamt besondere Orte der Stadt Rothenburg zeigen. Darunter ist die Spitalbastei, die Alte Schmiede, das Topplerschlösschen, das Plönlein und nicht zuletzt die beiden neuen „Coronabilder“, wie er sie nennt, mit einer Ansicht auf den Rathausturm und das Galgentor. „Mach doch mal eine Ausstellung“, wird er oft aufgefordert. Einmal ließ er sich zu einer Ausstellung in der Sparkasse am Kapellenplatz überreden, aber der Aufwand war zu groß.

Dauerausstellung
Stattdessen präsentiert Gubo seine Kunstwerke im Gastraum der „Tauberstuben“ in Detwang, in die er 1972 eingeheiratet hat. Das nötige „Know-how“ für die Holzarbeiten holte er sich bei einem Schreiner in seinem Heimatort Creglingen. Hauchdünnes Holzfurnier aus finnischer Birke, Obstholz, Buche und Eiche bezieht er heute noch aus Schreinerwerkstätten.

„Es wird immer schwieriger, schönes Holzfurnier am besten noch aus Baumwurzeln zu ergattern“, sagt der Autodidakt. Motiv-Vorlagen findet er auf Kunstzeichnungen wie die des Berliner Landschaftsmalers Gustav Lüttgens (1898 *), der viele Jahre in Rothenburg agierte.

Sohn Thomas Gubo vergrößert die Motive auf eine Größe von 51 x 54 Zentimeter. Die Kopie dient als Vorlage zum Abpausen auf das gewünschte Holzfurnier. „Die einzelnen Details, wie beispielsweise einen Straßenverlauf, schneide ich als Ganzes aus dem Holzmaterial heraus und klebe es auf eine zweite Kopie“, erklärt der heute 75-Jährige.

Neu in seiner Ausstellung sind zwei Ansichten der Tauberstadt, die in der Coronazeit entstanden sind. Foto: ul

Neu in seiner Ausstellung sind zwei Ansichten der Tauberstadt, die in der Coronazeit entstanden sind. Foto: ul

Das alte Rathaus am Marktplatz, als Teil seines jüngsten Werkes, wird komplett durch Bild-in-Bild- Technik aufgeklebt. Dunklere Schattierungen oder andere farbliche Kontraste werden einzeln aus dunkleren Holzarten ausgeschnitten und eingearbeitet.

Das Milimeter genaue Zusammenfügen der einzelnen Teile zu einem Ganzen ist enorm wichtig. Kleine Spalten zwischen den einzelnen Elementen machen das Bild optisch zunichte. Dabei bleibt das Holz unbehandelt. Es wird weder gebeizt noch gebleicht. Sind alle „Puzzleteile“ zu einem Bild zusammengefügt und der Leim getrocknet, wird das Motiv beim Schreiner gepresst, um alle Wölbungen zu entfernen. Für den letzten Schliff legt der Künstler noch einmal Hand an, um eine Lackschicht zum Schutz des Bildes aufzulegen.

In schlichten Massivholzrahmen kommen die Kunstwerke am besten zur Geltung und hängen als Dauerausstellung in den „Tauberstuben“.

Wer ist der Künstler?
Viele Gäste fragen nach dem Künstler dieser ausgefallenen Exponate. „So manch einer würde 500 Euro dafür bezahlen, aber wer verkauft schon sein eigenes Kind“, ist Gubos einziger Kommentar.

Ein dänischer Stammgast wusste um die Leidenschaft für Pendeluhren seines Wirtes. Er schenkte dem Intarsienkünstler eine alte Uhr aus seinem Dachboden, die jetzt vollkommen restauriert mit ihrem leisen Pendelgeräusch die Stille in der kleinen Werkstatt unterbricht.

Die einzigen Intarsienkünstler, die er mit seiner Frau Inge je besucht hatte, war das Intarsienmuseum in Mermuth im Vorderhunsrück. Dort gibt es neben Ausstellungen auch eine Schule für die Einlegekunst und die Eigenproduktion von Heinz Echtermann und Corinna Schmeißer.

„Der Mann hat innerhalb von einer halben Stunde ein Bild mit meist symmetrischen Mustern gefertigt“, staunte das Ehepaar Gubo. Das wollte Inge Gubo auch einmal ausprobieren und gestaltete einen Mickey Mouse Kopf und verschiedene symmetrische Figuren in kreisrunder Anordnung. „Siehst Du, das geht doch viel schneller“, erklärte sie ihrem Mann mit einem Lächeln. Aber er sitzt eben gerne stundenlang in seiner kleinen Werkstatt, die früher im Keller der „Tauberstuben“ war. Ein helles Zimmer im Altensitz des Paares ist heute seine Wirkungsstätte. Zeit ist für den Tüftler kein Faktor und das macht er mit den eigens restaurierten Pendeluhren deutlich.

Franz Gubo setzt seine Brille auf und holt ein kleines Büchlein aus der Schublade seiner Werkbank. Darin finden sich alte Schriften, die er für seine Lieblingssprüche einzeln abkopiert und als kleinen Merksatz in Form von Intarsien in das Gehäuse der „Zeitmesser“ mit Pendel einarbeitet. Seine Uhren verziert er mit der altdeutschen Schrift „Tiemann Gotik“. „Allein der Großbuchstabe ,Z‘ besteht aus sieben Holzfurnierschnipseln“, erzählt er.

Gubo signiert aber auch seine Werke und die „schnellen“ Intarsienarbeiten seiner Frau Inge mit den Kürzeln F.G. beziehungsweise mit I.G..

Er ist begeistert von Holzkunst aller Art. Eine Lampe über einem der Tische in den „Tauberstuben“, die aus Wagenradnaben besteht, ist auch ein Ergebnis seines Handwerks. „Ich unterstütze auch gerne andere Künstler mit ihren Holzarbeiten“, und zeigt auf zwei ovale Wandbilder neben der Tür der Gaststube. Ein großer geschnitzter Kopf aus einer Baumwurzel, den der Künstler zum 50-ten Geburtstag bekam, dekoriert den Eingangsbereich.

Fast mannsgroße Holzschnitzereien bilden markante Eckpunkte im Raum. Wer weiß, welche Werke des Künstlers in den Detwanger „Tauberstuben“ künftig noch die Aufmerksamkeit des Gastes auf sich ziehen werden? ul