Fazit einer Schülerfilmreise Sep01


Fazit einer Schülerfilmreise

Buch von Thilo Pohle: Begegnung mit Zeitzeugen des Dritten Reiches

Das aktuelle Buch von Thilo Pohle: „Wenn lang die Bilder schon verblassen“ fasst besondere Momente aus 40 Jahren und neun Schülergenerationen Dreharbeit über das Dritte Reich zusammen. Foto: ul

Das aktuelle Buch von Thilo Pohle: „Wenn lang die Bilder schon verblassen“ fasst besondere Momente aus 40 Jahren und neun Schülergenerationen Dreharbeit über das Dritte Reich zusammen. Foto: ul

Das neue Buch von Thilo Pohle: „Wenn lang die Bilder schon verblassen“ zieht Bilanz über das Filmprojekt „doku“ von und mit Schülern der Oskar-von-Miller-Realschule in Rothenburg. Seit 40 Jahre über neun Schuljahrgänge hinweg bis zum heutigen Tag, werden die Geschehnisse des Dritten Reiches rund um Rothenburg filmtechnisch aufgearbeitet.

Thilo Pohle (Deutsch- und Geschichtslehrer a.D.) erstellt in seinem neuen Werk mit Zitaten, Bildern und Zeugnissen ein Resümee über die Dreharbeiten. Mit der Frage: „Weißt Du, dass der Großvater dieses Schülers von der SS aufgehängt wurde“, hat alles angefangen. „Eine meiner Kolleginnen in unserer Realschule zeigte dabei im Vorbeigehen auf einen Schüler“, erinnert sich Thilo Pohle als wäre es gestern gewesen. Diese Worte ließen den Päda­gogen nicht mehr los.

Was dahinter steckte war die Geschichte der drei Männer von Brettheim, die am 10. April 1945, am Ende des Zweiten Weltkrieges wegen der Entwaffnung einiger Hitlerjungen erhängt wurden. Es handelte sich dabei um den 49-jährigen Bauern Friedrich Hanselmann, den 42-jährigen Lehrer und NSDAP-Ortsgruppen­leiter Leonhard Wolfmeyer und den 63-jährigen Leonhard Gackstatter, Bürgermeister seit 1910.

Darüber wollten die Schüler mehr wissen und beschlossen einen Dokumentarfilm zu drehen. Mit Interviews von noch lebenden Zeitzeugen und tatkräftiger Unterstützung des Brettheimer Ortsobmannes Fritz Braun, brachten sie einen mehrfach ausgezeichneten „Streifen“ auf die Leinwand, der bis heute internationale Kreise zieht. Es entstanden viele Fortsetzungen, die Licht ins Dunkel dieser Zeit bringen sollten. 200 junge Menschen leisteten mit 800 Filmvorführungen von Amerika, Frankreich, Russland bis hin zur Elfenbeinküste Hilfe zur Aufarbeitung der Nazizeit. „Die Rothenburger Schüler waren bisher die einzigen Deutschen, die mit Sowjetstreitkräften die Geschichte des Dritten Reiches aufzuarbeiten versuchten“, erzählt Pohle.

Nicole Leca erzählt den Filmschülerinnen, damals Andrea Thürauf und Stefanie Höhn an der Brettach, wie die Brettheimer in der Bachmulde Schutz vor den Kampfhandlungen suchten. Foto: privat

Nicole Leca erzählt den Filmschülerinnen, damals Andrea Thürauf und Stefanie Höhn an der Brettach, wie die Brettheimer in der Bachmulde Schutz vor den Kampfhandlungen suchten. Foto: privat

Ergriffen und immer wieder neu überrascht waren die Jugendlichen über die Dankbarkeit, besonders von den Hinterbliebenen aus Brettheim, die sich die Qualen dieser Zeit endlich einmal von der Seele reden konnten. „Es war wohl eine regelrechte Befreiung für die alten Menschen“, ist sich Pohle sicher.

Klar war von Anfang an, dass die Dokumentarfilme nicht verliehen oder verkauft werden. Eine Vorführung gibt es nur mit den Schülern, die ihn gemacht haben. „Dadurch war ein persönlicher Austausch mit den Menschen über dieses Thema möglich“, so das Ziel der „Filmemacher“.

Das Buch enthält viele besondere Erlebnisse, die die Schüler mit ihrem Projekt erleben durften. Nach einer Vorführung des Dokumentarfilmes in den USA schrieb der US-Colonel Benjamin C. Jones: „Ich bin überzeugt, dass dieser Film in den USA dazu dienen wird, die Macht des menschlichen Mitgefühls unabhängig von Na­tio­nalität oder Sprache zu wecken. Er wird augen­öffnend sein, vor allem für junge Amerikaner, die mit der Ära des Zweiten Weltkrieges weniger vertraut sind, in der der stetige Einsatz der US-Kräfte in Europa notwendig war“.

Carola Oberndörfer, eine Rothenburgerin jüdischer Abstammung berichtete auf Einladung des Altoberbürgermeisters Herbert Hachtel (1988 bis 2006) von der Vertreibung ihrer Familie aus ihrer Heimatstadt und der Tötung ihrer Schwester in Auschwitz.

Diese und viele weitere Inhalte mit ganz persönlichen Erlebnissen der Schüler, Bildern und Texten beinhaltet das aktuelle Buch “Wenn lang die Bilder schon verblassen“ über die Vergangenheit des Zweiten Weltkrieges. Im Herbst wird Thilo Pohle im Rahmen der Jüdischen Woche am 24. Oktober, um 10.30 Uhr, im Gemeindesaal der St.-Jakobs-Kirche eine Lesung aus seinem Buch halten. Der gleichnamige Dokumentarfilm ist am 17. Oktober, um 18 Uhr, im Creglinger Romschlössle zu sehen. ul

INFO: Das Buch von Thilo Pohle „Wenn lang die Bilder schon verblassen“ kostet 29 Euro und ist ausschließlich im Internet unter: www.dokumentarfilmgruppe.de erhältlich.