Die neuen „Kleingärtner“ Sep01


Die neuen „Kleingärtner“

Der Kleingartenverein hat freie Parzellen – die Kinder springen ein

Bewusste Ernährung steht hoch im Kurs. Man möchte wissen, wo die Tomate, der Salat oder der Kürbis herkommt und womit sie behandelt wurden. Die sicherste Variante ist da natürlich der Selbstanbau. Und wenn der Garten fehlt? Dann gibt’s ja noch den Kleingartenverein.
Der Rothenburger Kleingartenverein existiert seit 1929. Damals wurde die erste Gartenanlage „Primmersgarten“ gegründet. Und dort läuft seit diesem Jahr ein ganz besonderes Projekt: Der Verein hat dem Kindergarten „Alter Stadtgraben“ eine Parzelle zur Verfügung gestellt.
Etwa einmal die Woche kommen sieben Kinder im Alter von vier und fünf Jahren und gärteln hier was das Zeug hält. Die Erdbeeren und Radieschen haben die Jungs und Mädchen schon geerntet. Nun stehen die Erbsen an. Die bunten Töpfe sind schnell gefüllt, so manche Erbse wandert frisch ausgepult gleich in den Mund.

Nach dem Ernten geht es ans Hacken.

Nach dem Ernten geht es ans Hacken.

Die zukünftigen Gärtner
Danach kommen Hacken, Schaufeln und Gießkannen zum Einsatz. Das leere Beet nebenan wird kräftig umgepflügt. Die Mädels holen das Wasser aus dem Brunnen, dann gibt es einen schönen Matsch – auch See genannt. Der Apfel wird zum Boot, das ausgegrabene Schneckenhaus wandert durch alle Hände. So ein Garten ist wunderbar. „Ja, ich will später auch einen Garten haben“, sagt einer der Jungs lauthals.
Einerseits ist diese Idee ein geschickter Werbezug in eigener Sache, denn wenn die Kinder am heimischen Küchentisch von der tollen Suppe aus selbst gepflückten Erbsen erzählen, die sie im Kindergarten gekocht haben, dann mag es vielleicht neue Interessenten für die freien Parzellen geben.
Andererseits kann der Kindergarten seinen Schützlingen ein ganz neues Programm bieten. Die Kindergartenleiterin Gisela König ist begeis­tert. „Wir werden hier bestens betreut und umsorgt“, erzählt sie. Der Kleingartenverein hat das Angebot an alle Kindergärten Rothenburgs gerichtet. Aber nur der Kindergarten „Alter Stadtgraben“ hat zugegriffen. Die Pflanzen hat der Kindergarten weitgehend geschenkt bekommen. Auch kleines Handwerkszeug hat der Verein bereitgestellt. Radieschen und Karotten haben sie aus Samen selbst gezogen.

Von Vereinsseite bedarf das Projekt einer Unterstützung. Drei „Gärtner“, Rudolf Wenk, Else Goller und Rofina Freund haben sich bereit erklärt, die Parzelle für den Kindergarten in Schuss zu halten. Unkraut jäten, hacken, Pflanzen anbinden, gießen usw. wird von den drei Helfern übernommen. Fortsetzung Seite 62
„Die Kinder sind für uns eine Bereicherung“, sagt Rofina Freund, die seit vielen Jahren den Garten mit dem wohl auffälligsten Haus im Primmersgarten bewirtschaftet. Über das ehemalige Wasserhäuschen mit turmähnlichem Dach wurde einst Rothenburg mit Wasser versorgt.
Auch Rudolf Wank ist seit 30 Jahren Kleingärtner und kann sich noch gut an frühere Zeiten erinnern. Da gab es noch die Regel, dass jeweils ein Drittel Obst, Gemüse und Blumen angepflanzt werden mussten. „Aber das ist nicht mehr zeitgemäß“, meint er, „jeder kann hier selbst entscheiden, was er anbaut.“ Gemüse sollte natürlich schon darunter sein, sonst wäre die kleingärtnerische Nutzung ja nicht mehr gewährleis­tet.
Der Kleingartenverein hat sozusagen drei Standpunkte: den Primmersgarten, daneben die Gärten am Philosphenweg und dann die Leonhardshöhe (bei Electrolux), wo momentan noch sechs Parzellen auf neue Pächter warten.

Rofina Freund, Johannes Göttfert und Rudolf Wank sind begeisterte Gärtner. Foto: am

Rofina Freund, Johannes Göttfert und Rudolf Wank sind begeisterte Gärtner. Foto: am

Seit einem Jahr hat auch Johannes Göttfert einen Garten in der Leopoldshöhe. Er hat am eigenen Haus den Garten zu Carport und Büro umgewandelt – nun musste ein neuer her. Seit Juli ist er auch kommissarischer erster Vorstand des Vereins. „Die freien Gärten auf der Leonhardshöhe haben eine Größe zwischen 350 und 400 Quadratmetern“, erklärt er. Die Kosten für den eigenen Garten im Kleingartenverein sind gering, einzig die Ablöse mit dem Vorpächter muss verhandelt werden. Die Häuser auf den Grundstücken, Wege und Pflanzen gehören den Pächtern und müssen abgelöst werden (eventuell auch Geräte). Jede Parzelle hat einen Brunnen mit eigenem Wasserzähler.
Insgesamt hat der Kleingartenverein 100 Gärten zu verpachten, wobei die Anlage Leonhardshöhe die größte ist. Der Verein selbst hat etwa 140 Mitglieder aus gut einem Dutzend unterschied­lichen Nationalitäten. am

Anfallende Kosten für eine Parzelle:

Jährlicher Mitgliedsbeitrag im Kleingartenverein von 36 Euro.

Jährliche Pacht für die Parzelle (abhängig von der Größe) zwischen 12 und 18 Euro.

Einmalige Ablöse von Haus, Weg und Pflanzen, die mit dem Vorpächter zu verhandeln ist. Im Durchschnitt fallen Kosten zwischen 800 und 1500 Euro an.

Interessenten können sich an Johannes Göttfert unter Telefon 0171-1467325 wenden oder per E-Mail Kontakt aufnehmen: kleingartenverein-rothenburg@ gmx.de.