Das schönste Ehrenamt Mai01


Das schönste Ehrenamt

Rudolf Ebert war 36 Jahre lang der erste Bürgermeister in Insingen

Er kennt sie alle: Rudolf Schwemmbauer, Georg Ehnes, Carl-Dieter Spranger, Hans Maurer, Ingo Friedrich – alles Politiker, die Mittelfranken einst den Aufschwung gebracht haben. Rudolf Ebert ist einer von ihnen, mit einem kleinen Unterschied: Er hat sich ganz bewusst für die Basis entschieden.

Er hätte 1974 als Bezirkstags-Kandidat der CSU in der Politik überregional Einfluss gewinnen können, aber er hat sich für die Kommunalpolitik und im Besonderen für Insingen entschieden. „Ich bin froh, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe“, sagt er heute.

Rudolf Ebert und seine Lebensgefährtin Frieda Spörner erkunden gerne per Rad die Natur. Foto: am

Rudolf Ebert und seine Lebensgefährtin Frieda Spörner erkunden gerne per Rad die Natur. Foto: am

Arbeit nach Feierabend
Rudolf Ebert war 36 Jahre lang erster Bürgermeister von Insingen, davor vier Jahre Gemeinderat und zwei Jahre zweiter Bürgermeister. Insgesamt 42 Jahre hat er sich ehrenamtlich für die Kommunalpolitik eingesetzt. In manchen Jahren habe er bis zu 40 Wochenstunden, in manchen sogar bis zu 50 Wochenstunden dafür aufgebracht, erzählt er. Nebenher versteht sich, denn Rudolf Ebert ist hauptberuflich Landwirt gewesen.

„Ich bin in Leidenberg auf einem Einzelhof aufgewachsen“, sagt Ebert. Im Jahr 1942 geboren, musste er täglich knapp drei Kilometer mit dem Fahrrad zur Schule fahren. Der Vater ist 1946 in russischer Gefangenschaft gestorben und seine Mutter hat den Hof über die Runden gebracht.

Dass Rudolf Ebert auch Landwirt wird, stand einfach fest. „Die ersten 25 Jahre meines Lebens habe ich mit Schule, Berufsausbildung und Fußball verbracht“, erzählt er. Mit 13 Jahren hat er in der Jugendmannschaft in Insingen mit dem Kicken begonnen. „Im Sport lernt man Gemeinschaft und füreinander da zu sein“, weiß er.

Der Weg in die Politik
Im Jahr 1968 hat Rudolf Ebert die Landwirtschaftliche Meisterprüfung abgelegt. Das war die Zeit des Vietnamkriegs, der Prager Frühling wurde niedergewalzt, die 68er-Studentenbewegung hielt Deutschland auf Trab, die Mehrwehrsteuer wurde eingeführt. „Die jungen Leute gingen damals auf die Straße“, so Ebert.

Georg Ehnes (CSU), stellvertretender Landrat in Rothenburg, sprach ihn zu dieser Zeit an, denn die Politik brauchte junge Leute. „Im September 1968 haben wir dann die Junge Union Rothenburg Stadt und Landkreis gegründet“, erinnert sich Ebert. Er war bis 1972 erster Vorsitzender und danach in der Vorstandschaft des Kreisverbands Ansbach aktiv. Als Delegierter hat er die Politik der Jungen Union und der CSU auf Bezirks- und Landesebene hautnah miterlebt. Seit 1969 ist Rudolf Ebert CSU-Mitglied.
Von Beginn an hat er an den Diskussionen um die Gemeinde- und Kreisreform teilgenommen. Er ist so in die Politik hineingewachsen. „Mittelfranken war damals das Armenhaus Bayerns“, erzählt er. Die Gemeindegebietsreform, die in den Jahren 1971 bis 1978 durchgeführt wurde, hatte das Ziel, leistungsfähigere Gemeinden und Landkreise zu schaffen. „Rothenburg als freie Reichsstadt hat das sicherlich schwer getroffen“, weiß er.

Als im Jahr 1978 die Wahl zum ersten Bürgermeister in Insingen anstand, musste sich Ebert entscheiden. Auf der einen Seite war da der landwirtschaftliche Betrieb und die Familie mit drei kleinen Kindern, auf der anderen Seite waren seine Visionen und Ideen. „Wenn man seine Vorstellungen umsetzen will, dann muss man ein Amt übernehmen“, stellt er fest.

Visionen als Motivation
Also hat er in seinem Betrieb, ein anerkannter Lehrbetrieb, ab April 1978 stets einen Lehrling zur Unterstützung eingestellt, bis im Jahr 1986 sein Sohn eingestiegen ist. Außerdem haben ihn seine Frau, die 2008 verstorben ist, und seine Eltern immer unterstützt.

Aktuell ist das Buch von Rudolf Ebert vergriffen. Bei entsprechender Nachfrage gibt es eventuell eine Zweitauflage.

Aktuell ist das Buch von Rudolf Ebert vergriffen. Bei entsprechender Nachfrage gibt es eventuell eine Zweitauflage.

Seine Visionen hatten es von Beginn an in sich. „Insingen war damals sehr landwirtschaftlich geprägt und ich wollte eine leistungsfähige Großgemeinde“, erinnert er sich. Im Detail waren das 25 ha Gewerbefläche, 18 ha Wohnfläche, 5 ha Mischgebiet und im Altort eine Dorferneuerung. Um es vorweg zu nehmen: Er hat das alles und mehr umgesetzt.

Aber nochmal zurück zu den Anfängen. Ebert sah einen Flächennutzungsplan als eine seiner wichtigsten Aufgaben zu Beginn der Amtszeit an. „Das ist eine bedeutende Weichenstellung für die Zukunft einer Gemeinde“, so der ehemalige Bürgermeister. Will man junge Leute im Dorf halten, braucht man Wohngebiete, Arbeitsplätze, Schulen, Kindergarten – und den nötigen Biss, die Überzeugungsarbeit in den eigenen Reihen und bei Behörden und Ämtern zu leisten.

Beschlüsse am runden Tisch
Bereits beim Amtsantritt hat er daher geraten, einen Flächennutzungsplan aufzustellen. „Zuerst ist wichtig, dass die Bürger und Gemeinderäte dahinter stehen“, erklärt Ebert. Dann mussten bis zu 36 Stellen angeschrieben werden. Alle gaben Stellungnahmen ab, darunter auch „Insingen soll ein bäuerlich geprägtes Dorf bleiben“.

Es ging also nicht recht voran. Daher hat Ebert seinen Parteikollegen Georg Ehnes ins Boot geholt und einen runden Tisch am Landratsamt initiiert. Die Meinungen wurden ausgetauscht, es hat sich Verständnis entwickelt, ein Konsens wurde gefunden und der Flächennutzungsplan aufgestellt.

Die Insinger Firmen Pümmerlein, Semmer, Steinbrenner und Nölscher konnten sich erweitern, die Firma Korder in Lohr ist gewachsen und das Unternehmen Farmbau wurde angesiedelt. Rudolf Ebert kann auch nach Jahrzehnten noch detailliert die Hürden schildern (unter anderem die Verlegung einer Kreisstraße), die dafür überwunden werden mussten.

Rudolf Ebert ist ein Menschenfreund. Er hat stets auf den Dialog gesetzt und das direkte Gespräch gesucht: nach Feierabend bei den Bürgern in seiner Gemeinde, aber auch mit den Entscheidungsträgern. Aufgeben ist nicht sein Ding und er war stets ein Kämpfer für die Sache, mir ruhigem Sachverstand und vor allem immer bestens vorbereitet.

Eine Mammutaufgabe
„Ich war ja Einzelkämpfer“, sagt er. Da war kein Rechtsrat oder Bauamtsleiter an seiner Seite. Rudolf Ebert musste die Belange seiner Gemeinde in den Gesprächen mit den Experten allein durchboxen. „Da ich gut vorbereitet war, waren das stets Gespräche auf Augenhöhe“, erinnert er sich.

Eines davon ging ab 1984 um die Dorferneuerung. Schon der Gemeinderat war nicht so recht dafür. Also hat Ebert die Räte und etwa 40 Bürger in einen Bus gepackt und nach Langfurth (nahe Dinkelsbühl) gefahren. Dort war die Dorferneuerung vorbildlich gelaufen. Alle waren daraufhin von der Idee begeistert. So weit, so gut.

Nun wollte Ebert, dass die Dorferneuerung in allen neun Ortsteilen von Insingen parallel stattfand. „Überall waren beispielsweise schlechte Straßen“, sagt er. Alle sollten gleichzeitig profitieren. Der Sachgebietsleiter im Amt für ländliche Entwicklung wiegelte ab, denn so etwas gab es noch nie. „Wir schaffen das“, war sich Ebert sicher. Und so war es auch: Von 1990 bis 2002 wurden 43 genehmigte Maßnahmen der Gemeinde durchgeführt, deren Mehrheit mit 72 Prozent Zuschuss genehmigt war.

Aber das Bürgermeisteramt war für Rudolf Ebert nicht das einzige Ehrenamt. Unter anderem war er 20 Jahre lang ehrenamtlicher Richter am Verwaltungsgericht in Ansbach, 33 Jahre Verwaltungsmitglied der VR-Bank (davon 23 Jahre Vorsitzender des Aufsichtsrats), 28 Jahre in der Vorstandschaft der Molkerei Rothenburg-Schillingsfürst und er ist der Mitbegründer des Bürgermeisterchors.

Siegeszug des Chors
Entstanden aus Freude am Singen (Ebert ist seit 1971 bis heute im Singkreis Insingen/Kirchenchor aktiv) bei einem Bürgermeisterausflug nach Tirol, war im Dezember 1989 die erste offizielle Chorprobe mit damals 22 Bürgermeistern.

Wenige Jahre später sangen schon 36 Kommunalpolitiker im Chor und im Jahr 2000 nahm der Bürgermeisterchor eine CD auf. Bis 2010 war Rudolf Ebert im Vorstand, der ehemalige Landrat Rudolf Schwemmbauer war der Chorleiter. Mittlerweile sind beide Ehrenmitglieder. Im Jahr 2010 hat Rudolf Ebert das Verdienstkreuz der BRD am Bande für seinen ehrenamtlichen Einsatz erhalten.

Die Gemeinde Insingen hat er nachhaltig geprägt. Im Jahr 1978 hatte Insingen 854 Einwohner, 2014 waren es knapp 1 200. „Dadurch, dass wir ein Gewerbe-, Wohnbau- und Mischgebiet erworben haben, konnten wir die Weichen für die Zukunft stellen“, sagt Rudolf Ebert und fügt an: „Im Jahr 2018 lag das Steueraufkommen pro 1 000 Einwohner auf dem 1. Platz im Landkreis Ansbach.“ So ist aus der landwirtschaftlich geprägten Gemeinde eine „Wohlfühlgemeinde“ mit Perspektive für Unternehmen und Familien geworden.

Als Rudolf Ebert im Jahr 2014 nicht mehr kandidierte, suchte er neben der Unterstützung seines Sohns in der Landwirtschaft eine neue Aufgabe. „Ich hatte Angst, in ein Loch zu fallen“, sagt er. Er fand diese im Fahrdienst für Kindergartenkinder. Jeden Morgen und jeden Mittag fährt er seitdem im Auftrag des Landratsamt Kinder aus der Region in den Förderkindergarten nach Rothenburg – etwa 120 Kilometer am Tag.

Im Ruhestand hatte er außerdem Zeit seine Biografie zu schreiben, die nicht nur persönliche Rückblicke beinhaltet, sondern auch wie seine Anleitung zur erfolgreichen Kommunalpolitik gelesen werden kann. So weit es Corona erlaubt, geht er regelmäßig ins Fitnessstudio oder ist täglich mit seiner Lebenspartnerin Frieda Spörner zu Fuß oder mit dem Rad rund um Insingen unterwegs.

„Der Herrgott hat mir eine gute Gesundheit gegeben“, sagt Rudolf Ebert dankbar. Während seiner 36-jährigen Zeit als erster Bürgermeister sei er kaum eine Woche krank gewesen, erinnert er sich. am