Bürgerliche Lebensart Mrz03


Bürgerliche Lebensart

Das Tauberländer Dorfmuseum in Weikersheim macht Geschichte lebendig

Die größte private Sammlung ländlichen Kulturgutes in Tauberfranken ist Kurt Meider zu verdanken, der im Jahr 1972 das ehemalige Kornhaus (16. Jhd.) am Weikersheimer Marktplatz als „Tauberländer Dorfmuseum“ herrichtete. Einige Jahre nach der Gründung übernahm der Verein „Tauberfränkische Volkskultur” die Trägerschaft des geschichtsträchtigen Hauses.

Das Dorfmuseum ist das Pendant zum Weikersheimer Barockschloss am Marktplatz. Fotos: ul

Das Dorfmuseum ist das Pendant zum Weikersheimer Barockschloss am Marktplatz. Foto: ul

In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich das Schloss Weikersheim. Der Herrschaftssitz des Hohenlohischen Geschlechts ist das Pendant zum veranschaulichten Bürgertum im Museum. Es bringt den Besucher auf eine Zeitreise in die Epoche der Renaissance und des Barocks.

„Die Gegensätze der damaligen Zeit versuchen wir auch unseren Schülern nahe zu bringen, die unsere ehrenamtliche Arbeit für ein Taschengeld unterstützen“, erzählt die erste Vorsitzende des Vereins Birgit Bulenda.
Im Gegensatz zum hoheitlichen Schloss zeigt das „Tauberländer Dorfmuseum“ die „Moden“ des harten Alltagslebens. Die Arbeit im Weinbau, in der Landwirtschaft, im Handwerk und die mühseligen Lebensumstände bei der Haus- und Hofarbeit werden erlebbar dargestellt. Hafnerware (bäuerlich bemalte Keramik), Trachten aber auch Kulturgüter des Glaubens oder Gegenstände verschiedener gesellschaftlicher Rituale machen die Zeit zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert wieder lebendig.

Stuben, Bauernküchen, die Arbeitswelt mit Ochsenpflug und „Sackausklopfmaschine“ entdecken und den Handwerkeralltag in Schuhmacher- und Schneiderwerkstatt erkunden – all das ist es wert, einmal in die damalige ländliche Welt einzutauchen. In einer sogenannten „Grünkerndarre“, die aussieht wie eine Riesenpfanne in rechteckiger Form, ließ sich das Getreide rösten. Das könnte heute die begeisterten Genießer biologischer und vor allem historischer Getreidesorten interessieren.

Auf einer Fläche von 1 000 Quadratmetern und mehr als 2 000 Exponaten lässt sich so manch Außergewöhnliches entdecken. Beeindruckende Zeugnisse, wie das einer sogenannten „Totenkrone“ aus dem 19 Jahrhundert, die aus dem mittelfränkischen Uffenheim stammt, macht neugierig auf die Lebenskultur unserer Vorväter. Kaum jemand wusste, dass es im Weinbau Weinbergsöfen gab, die mit Holz geschürt vor Frostschäden in den Pflanzreihen schützen sollten.

Im Zeitalter der Digitalisierung lässt sich hier noch das Gefühl von echter Handarbeit, egal in welchem Lebensbereich, nachempfinden. Die Mitglieder des Vereins „Tauberfränkische Volkskultur” belassen es aber nicht beim reinen Anschauen. Das erste Museumsfest im Jahr 2018 ersetzte das traditionelle Maisingen in Weikersheim. Ungewohnt, aber irgendwie besonders, nahmen es die Bürger sehr gut an. Es sollte nicht das letzte Fest gewesen sein. In den letzten 40 Jahren wurden im Rahmen von Stadtfesten mehr als 60 000 Schneeballen nach einem uralten „Hausvatter-Rezept“ von 1722 gebacken und verkauft. Das faszinierende Handwerk spiegelte sich auch in einer Sonderausstellung „Alles Handarbeit“ wider.

Lebendige Traditionen
Im Museum ließen sich beispielsweise die eifrigen Klöpplerinnen in ihre „Klöppelbriefe“ und über die Schulter schauen. Generell folgt zu jeder Ausstellung eine passende Darbietung beim Museumsfest auf dem Marktplatz. „Unsere Sonderausstellungen sollen auch die Einheimischen neugierig machen“, so die Vorsitzende des Vereins „Tauberfränkische Volkskultur” Birgit Bulenda. Am Brunnen stöberten die Liebhaber „alter Schätzchen“ beim Museumsflohmarkt, der eine vielversprechende Fundgrube von Gegenständen früherer Jahrhunderte aus dem noch überreichen Museumsfundus ist.

Frauen bearbeiten die Wäsche mit altem Gerät. Foto: privat

Frauen bearbeiten die Wäsche mit altem Gerät. Foto: privat

Damit nicht genug – In den Wintermonaten, in denen das Museum geschlossen ist (von November bis März), öffnet sich die Pforte immer wieder einmal für die „Wintervortragsreihen“ bei freiem Eintritt und einer Spende, je nach Bedarf. Themen wie „Versailles 1919 und seine Folgen in Franken“, „Die Trachten von Hohenlohe“ oder „Die Ansbach-Bayreuther Truppen in Amerika zwischen 1777 bis 1783“ lassen tief in die Geschichte Frankens und seiner Lebensart blicken. Die Hoffnung auf die nächste Museumssaison ist groß. Ein Schild an der Museumstür mit der Aufschrift „Kultur und Brauchtum sind auch in Corona-Zeiten wichtig“, lud im vergangenen Jahr Vorbeiziehende zu einer Stippvisite mit einer kleinen Spende ein. Was künftig im Zusammenhang mit Corona möglich ist, steht unter: www.tauberländer-dorfmuseum.de. ul